Auf der Suche nach der beruflichen Erfüllung
by Melanie Andraschko (2005) Bildungszentrum für Augenoptik und Optometrie, München/Germany on 2024-07-09



An English version is provided beneath the German one. Graphic by the author.

 

Auf der Suche nach der beruflichen Erfüllung: Mein Weg durch Druck und Zweifel

„Muss“ das ist das große Wort. Keiner sagt es, doch jeder meint es. 

Hast du nun schon etwas gefunden? Weißt du jetzt schon, was du werden willst? Du musst doch wissen, was dir gefällt. Lange hast du aber nicht mehr Zeit! Wie wäre es denn mit diesem Job? Ach, dir kann man es ja niemals recht machen! Irgendeinen Tod muss man nun mal sterben. 

Jeden Tag, jede Woche, jeden Monat, jahrelang, will es jeder wissen. Wird aus ihr etwas Großes? Kann aus ihr mal etwas werden? Wird sie mal gut verdienen? 

Ein Druck, der immer großer wird. Eine Entscheidung, die immer näher rückt. Eine Angst, die ganz still und heimlich zu einer großen Mauer wird. Eine Entscheidung, die früher nur aus Träumen bestand. Ein Entschluss, der plötzlich nach ungeheurer Notwendigkeit schreit. Ein Mensch, der unbedingt die richtige Entscheidung fällen will. 

Wie finde ich das, was zu mir passt? Wie kann ich es den Leuten recht machen? Was ist, wenn ich mich falsch entscheide? Was anfänglich Träume waren, sind nun Zweifel und Ängste, welche schwer auf den eigenen Schultern lasten. 

Doch das ist egal, die Gedanken werden unterdrückt. Die Uhr tickt. Bald ist es so weit. Du musst dich entscheiden.

Ich will das Richtige finden! Ich werde das Richtige finden. Ich werde nicht aufgeben. Ich habe das Richtige noch nicht gefunden. Werde ich das Richtige überhaupt finden? 

Es ist ein Prozess, der von Monaten bis über Jahre gehen kann. Jeder Rückschlag, jede Enttäuschung, jeder Hoffnungsschimmer, der erstickt wird, wird zu einer Stumpfheit, einer inneren Leere. Die Hoffnung nach dem Einen, dem Großen, in dem ich aufgehen kann, was zu mir passt, bei dem alle stolz wären, die wird es nie geben.

Ist das mein Schicksal, ein Beruf, der in Ordnung ist oder auch schon okay? Liegt es an mir? Habe ich etwas übersehen oder bin ich einfach doch zu wählerisch? Habe ich zu hohe Ansprüche?

Die Frist ist in Reichweite, ich stehe kurz davor. Nun ist es eh zu spät. Mit dem Okay, das ich mir aus vielen Naja’s ausgesucht habe, werde ich nun leben.

Nach viel gezwungenem Lächeln und „Ach okay, das machst du jetzt“ oder „Ja, das wird schon passen“, kommt ein Drang, eine Motivation, es ihnen zu zeigen und mir zu beweisen, dass ich mehr kann als ein OKAY.

Die Uhr meiner Arbeit vergeht immer langsamer. Die Motivation schwindet von Tag zu Tag. Die Enttäuschung wird immer größer. Mir wird immer mehr bewusst, dass aus einem Okay NIE ein „Das finde ich gut!“ werden kann.

Die Suche nach der Erfüllung geht still und leise weiter. Die Zweifel drängen mich zurück. Doch ich will weitermachen. Die Wut in mir kämpft gegen meine Ängste an. Ich suche weiter und weiter. Ich informiere mich über jedes Detail.

 

ICH WILL EINE VERÄNDERUNG!

Doch nun reicht es mir. Ich kann nicht mehr. Ich schließe meine Augen. Ein angestauter Fluss bricht durch die hohen Mauern und bahnt sich einen Weg in die Freiheit.

In einem unbeachteten Moment überrollt mich ein Gedanke. Ganz unsicher greife ich nach ihm, halte ihn fest und ziehe ihn an mich. Tage vergehen, aus einem kleinen Einfall wächst ein neuer Weg. Eine hoffnungsbringende Abzweigung zeigt sich. Eine Last, die leichter wird. Eine Person, die endlich aufatmen kann. 

Es sind Gedanken, Gefühle und Ängste; der eine kennt sie mehr, der andere weniger oder vielleicht auch gar nicht. Was man durch diese Reise lernt, ist, dass der Weg das Ziel ist. Man muss nicht gleich von Beginn an alle begeistern oder sofort die Erfüllung in seinem Arbeitsleben finden. Es sind die kleinen Dinge, aus denen wir lernen und durch die wir dann verstehen, dass nicht alles gleich perfekt sein muss. Es kann anfänglich gänzlich hoffnungslos erscheinen, doch durch einen Umweg eröffnen sich neue Wege und somit neue Ideen, Erkenntnisse und Möglichkeiten. Oft geschieht es in den Momenten, in denen wir es am wenigsten erwarten.

Hätte ich mir diesen Text vor einem Jahr durchgelesen, hätte ich damals sicherlich gedacht, dass das alles nur leere Worte auf einem Stück Papier sind. Aber vielleicht hätte ich mich in meiner damaligen Situation nicht ganz so allein gefühlt. Ich hätte mich mehr verstanden gefühlt und vielleicht hätte ich auch etwas Kraft daraus schöpfen können. Und genau deswegen teile ich hier meine Reise. Ihr seid nicht alleine mit euren Zweifeln, lasst euch nicht unterkriegen von den Leuten, die es eigentlich nur „gut“ meinen. Aber lasst euch besonders nicht von euch selbst unterkriegen! 

An meinem jetzigen Punkt weiß ich nicht, ob ich schon meine Erfüllung gefunden habe, aber ich weiß, dass ich ihr mindestens einen Schritt nähergekommen bin. 

 

In search of professional fulfillment: my path through pressure and doubt

"Must" is the big word. No one says it, but everyone means it.

Have you found something yet? Do you already know what you want to be? You must know what you like. But you don`t have much time left! How about this job? Oh, I can never please you! You have to die some kind of death.

Every day, every week, every month, for years, everyone wants to know. Will she become something great? Can she become something? Will she make a good living?

The pressure is getting greater and greater. A decision that is getting closer and closer. A fear that is quietly and secretly becoming a big wall. A decision that used to be just a dream. A decision that suddenly cries out as a tremendous necessity. A person who desperately wants to make the right decision.

How do I find what suits me? How can I please people? What if I make the wrong decision? What were initially dreams are now doubts and fears that weigh heavily on your shoulders.

But it doesn`t matter, the thoughts are suppressed. The clock is ticking. Soon the time will come. You have to take a decision.

I want to find the right thing! I will find the right thing. I will not give up. I haven`t found the right thing yet. Will I even find the right thing?

It`s a process that can take anywhere from months to years. Every setback, every disappointment, every glimmer of hope that is stifled becomes a dullness, an inner emptiness. The hope for the one thing, the great thing, in which I can be absorbed, which suits me, which would make everyone proud, will never exist.

Is this my destiny, a job that is okay or just okay? Is it just me? Have I overlooked something or am I just too picky? Do I have too high expectations?

The deadline is within reach, I`m close to it. It`s too late now anyway. I will now live with the okay that I have chosen from many “well`s”.

After a lot of forced smiles and "Oh okay, you do that now" or "Yes, that`ll be fine", there comes an urge, a motivation to show them and prove to myself that I can do more than an OKAY.

The clock on my work is ticking slower and slower. My motivation dwindles from day to day. The disappointment is growing. I realize more and more that an OK can NEVER become an "I think that`s good!".

The search for fulfillment continues quietly. Doubts push me back. But I want to carry on. The anger inside me fights against my fears. I search on and on. I find out about every detail.

 

I WANT A CHANGE!

But now I`ve had enough. I can`t take any more. I close my eyes. An accumulated river breaks through the high walls and makes its way to freedom.

In an unnoticed moment, a thought overtakes me. I reach for it unsteadily, hold it tightly and pull it towards me. Days pass and a new path grows from a small idea. A promising fork in the road appears. A burden that becomes lighter. A person who can finally breathe a sigh of relief.

These are thoughts, feelings and fears; some know them more, others less or perhaps not at all. What you learn from this journey is that the journey is the destination. You don`t have to inspire everyone right from the start or immediately find fulfillment in your working life. It`s the little things that we learn from and through which we then understand that not everything has to be perfect straight away. It can seem completely hopeless at first, but a detour opens up new paths and therefore new ideas, insights and opportunities. It often happens at the moments when we least expect it.

If I had read this text a year ago, I would certainly have thought at the time that it was all just empty words on a piece of paper. But perhaps I wouldn`t have felt quite so alone in my situation at the time. I would have felt more understood and perhaps I could have drawn some strength from it. And that`s exactly why I`m sharing my journey here. You are not alone with your doubts, don`t let people who actually only mean "well" get you down. But especially don`t let yourselves get you down!

At my current point, I don`t know if I`ve found my fulfillment yet, but I do know that I`m at least one step closer to it.