Unser Nein als Grenze für andere
by Letizia Schwebs (2004) Bildungszentrum für Augenoptik und Optometrie, München/Germany on 2024-09-07



An English version is provided beneath the German one.

Thanks to ottawagraphics on pixabay for the use of the photo.

 

Unser Nein als Grenze für andere

Im Alltag benutzen wir ziemlich oft ein Wort, eines, von dem wir uns nicht vorstellen können, dass es von so großer Bedeutung ist. Wir benutzen es immer dann, wenn wir mit etwas nicht einverstanden sind oder wir etwas nicht machen möchten. Das Wort „Nein“ hat vier Buchstaben und ist dennoch eines der stärksten Wörter, das wir in unserem Wortschatz finden können. Ich kann entscheiden, zu welcher Person und in welcher Situation ich es nutze, dabei spielt die Betonung eine große Rolle. Ich habe zu diesem Thema drei Personen in der Münchner Innenstadt die gleichen Fragen gestellt – aus Datenschutzgründen sind die Namen geändert. Die Meinungen waren unterschiedlich, aber auf eine Frage haben alle die gleiche Antwort gegeben.

Fangen wir an mit Marie (17 Jahre). Sie findet, Grenzen zu setzen ist vor allem in den jungen Jahren sehr wichtig, da sie für unsere Identität stehen und wir somit im späteren Leben auch mal nein sagen können. Sie ist der Meinung, dass fast jedes „Nein“, das gesagt wird, ernst genommen werden soll, bei den meisten Freunden vergewissert sie sich nochmal, ob sie es wirklich ernst meinen, da sie befürchtet, dass sie sonst was verpassen, weil man nicht nochmal nachgefragt hat. Bei ihr gilt dabei die Regel: Wer jedem eine zweite Chance gibt, bekommt selbst auch mal eine zweite Chance zurück. Ganz wichtig ist ihr, dass sie entscheidet, wer was bei ihr darf, da sie nicht gerne in körperliche Nähe tritt. Bei ihren Freunden möchte sie gleich immer klarstellen, dass, wenn sie mal keine Zeit oder keine Lust auf etwas hat, dass das Nein ausreichen muss und keine Rechtfertigung von ihr kommen muss. Das Nein gilt grundsätzlich bei jedem egal, wie nah er ihr steht: Wenn es Nein heißt, dann ist es so. Auch ihren Eltern ist es wichtig, dass sie es versteht, warum gerade das Nein gesagt wird oder eine Grenze gezogen worden ist. Marie legt also Wert darauf, dass ihre Grenzen ernst genommen werden, aber dass trotzdem nochmal nachgefragt werden sollte, da es vielleicht ja doch noch zu einer Umstimmung kommen könnte.

Paul (25 Jahre) ist es wie Marie wichtig, dass sein Nein reichen muss und keine Rechtfertigung von ihm erwartet wird. Auch er ist der Meinung, dass es in jungen Jahren wichtig ist, auch mal nein zu sagen, da es zur Persönlichkeit des Menschen gehört und auch die Emotionen damit ausgedrückt werden in verschiedenen Situationen. Paul hat die Erfahrung gemacht, das sein Nein seinen Freunden nicht reichte und es dann so weit kam, dass zwischen ihm und den Personen Funkstille herrschte. Paul sagt auch, dass es nichts gebracht hätte, das Nein zu betonen oder häufig zu wiederholen, da man mit jedem Menschen zwar reden kann, dass nur wenige aber wirklich verstehen, was er wirklich sagt. Paul hat mir auch einen Tipp mitgegeben: „Wenn ein Nein nicht ausreichend ist, dann sollte man aufstehen und gehen.“ Ihm ist es also wichtig, dass die Grenzen respektiert werden und ein „Nein“ ernst genommen wird.

Jana (35 Jahre) stimmt mit Paul und Marie darin vollkommen überein, dass wir Grenzen setzen müssen, um unsere Identität selber entfalten zu können. Sie hat die Erfahrung gemacht, das Jungs und Männer in Bars und Discos meistens das Nein nicht verstehen, da sie entweder schon zu betrunken sind oder es nicht ernst nehmen wollen. Jana ist es total wichtig, dass ihr Nein akzeptiert und toleriert wird. Sie erzählt mir von ihren Erfahrungen, wie es ihr in anderen Situationen damit geht, nicht akzeptiert und ernstgenommen zu werden. Jana wird mit 35 Jahren noch von ziemlich vielen Menschen im Umkreis nicht richtig ernst genommen und als sie fragte, warum, kam von den meisten die Antwort, sie sei zu langsam gewesen oder habe zu lange nachgedacht, um auf die gestellte Frage eine Antwort zu finden. Deshalb hat sie von sich aus den Kontakt mit den Menschen reduziert oder ganz eingestellt. Auch Jana ist es also wichtig, dass ihre Grenzen ernst genommen werden und sie nicht wie ein Kind behandelt wird, bei dem das Nein einfach überhört wird. Darauf besteht sie, auch wenn es deshalb zum Kontaktabbruch kommt.

Marie, Paul und Jana sind sich also in dem Punkt einig, dass es wichtig ist, auch mal nein zu sagen und somit Grenzen zu setzen, die akzeptiert und toleriert werden sollten, ohne dass es einer Rechtfertigung bedarf oder eine solche verlangt wird. Darin kann ich den dreien nur zustimmen, dass es darum geht, selbst herauszufinden, wer man wirklich ist, wann es für einen vorbei ist und wo man auch selbst an seine Grenze stößt.

Ich habe zu diesem Thema auch nochmal im Internet nachgeforscht, ob es wichtig ist, dass wir uns Grenzen setzen. Dabei bin ich auf viele Antworten gestoßen, aber eine davon hat mir besonders gut gefallen: Es heißt, für uns Grenzen zu setzen, sei ein wichtiger Schritt zur Stärkung unserer Anatomie. Sie seien ein Zeichen für emotionale Gesundheit, Selbstachtung und unser Nein, als Grenze für andere, Stärke. Indem wir unsere Grenzen ziehen, seien wir uns selbst verpflichtet: um unsere Identität, Bedürfnisse, Gefühle und Ziele in den Vordergrund zu stellen. Und dieser Antwort kann ich nur zustimmen, denn wenn man sich selbst vernachlässigt und nur auf die anderen achtet, fühlt man sich sehr schnell alleine und nicht verstanden von der Welt. Es ist also sehr wichtig zu anderen auch mal nein zu sagen, egal, ob es die Eltern oder Freunde sind, ob es um Alkohol oder um Ausflüge geht. Das Nein hilft uns dabei, Entscheidungen zu treffen die wichtig fürs Leben sind. Grenzen zu ziehen, heißt zu entscheiden, was man für richtig und falsch hält. Man sollte also ein Nein oder die Grenzen eines anderen akzeptieren und respektieren.

 

Our NO as a boundary for others

We use a word quite often in everyday life, one that we cannot imagine is of such great importance. We always use it when we disagree with something or when we don`t want to do something. The word “no” has two letters and yet it is one of the most powerful words we can find in our vocabulary. I can decide to which person and in which situation I use it, and the emphasis plays a major role. I asked three people in Munich`s city center the same questions on this topic – the names have been changed for data protection reasons. Their opinions differed, but they all gave the same answer to one certain question.

Let`s start with Marie (17 years old). She thinks that setting boundaries is very important, especially at a young age, as they represent our identity and allow us to say “No!” later in life. She believes that almost every “no” that is said should be taken seriously, and with most friends she makes sure that they really mean it, as she fears that they will otherwise miss out on something because they haven`t asked again. Her rule is: if you give everyone a second chance, you`ll get a second chance in return. It is very important to her that she decides who is allowed to do what with her, as she doesn`t like to get physically close. With her friends, she always wants to make it clear that if she doesn`t have time or doesn`t feel like doing something, a “no” is enough and she doesn`t have to justify it. The “no” basically applies to everyone, no matter how close they are to her: If it means no, then that`s how it is. It is also important to her parents that she understands why the no is being said or why a boundary has been drawn. Marie therefore believes it is important that her boundaries are taken seriously, but that she should still be asked again, as it might still be possible to change her mind.

Like Marie, it is important to Paul (25 years old) that his no must be enough and that he is not expected to justify himself. He is also of the opinion that it is important to say no at a young age, as it is part of a person`s personality and is also a way of expressing emotions in different situations. In Paul`s experience, saying no was not enough for his friends and it got to the point where there was radio silence between him and them. Paul also says that it wouldn`t have helped to emphasize the no or to repeat it frequently, because although you can talk to anyone, few people really understand what they are really saying. Paul also gave me a tip: “If saying ‘no’ is not enough, then you should get up and leave.” So, it is important to him that boundaries are respected and that a “no” is taken seriously.

Jana (35 years old) completely agrees with Paul and Marie that we need to set boundaries in order to be able to develop our own identity. She has found that boys and men in bars and discos usually don`t understand the no because they are either already too drunk or don`t want to take it seriously. It is important to Jana that her “no” is accepted and tolerated. She tells me about her experiences of not being accepted and taken seriously in other situations. At 35, Jana is still not taken seriously by quite a few people around her and when she asked why, most people replied that she was too slow or had thought too long to find an answer to the question. That`s why she reduced or stopped contact with people completely on her own initiative. So, it is also important to Jana that her boundaries are taken seriously and that she is not treated like a child whose no is simply ignored. She insists on this, even if it results in contact being broken off.

Marie, Paul and Jana therefore agree that it is important to say “no” sometimes and to set boundaries that should be accepted and tolerated without the need or demand for justification. I can only agree with the three of them that it`s about finding out for yourself who you really are, when it`s over for you and where you reach your own limits.

I also did some research on this topic on the internet to find out whether it is important for us to set boundaries. I came across many answers, but I particularly liked one of them: It said that setting boundaries for us is an important step in strengthening our anatomy. They are a sign of emotional health, self-respect and our “no” as a boundary for others, strength. By setting our boundaries, we are committed to ourselves: to prioritize our identity, needs, feelings and goals. And I can only agree with this answer, because if you neglect yourself and only pay attention to others, you very quickly feel alone and not understood by the world. So, it`s very important to say “no” to others from time to time, whether it`s to parents or friends, whether it`s about alcohol or outings. Saying “no” helps us to make decisions that are important in life. Setting boundaries means deciding what you think is right and wrong. So, you should accept and respect someone else`s “no” or boundaries.